Unsere Jahresrede 2019

 

im Namen von Pro Spaichingen möchte ich Ihnen zunächst noch alles Gute, viel Glück, vor allem Gesundheit und ein erfolgreiches Jahr 2019 wünschen.

Ich werde mich heute kurz fassen. Wieso sollten wir uns auch noch groß mit einer richtungsweisenden, tiefgründigen Rede beschäftigen. Es gibt keine Bergsitzung, und es gibt keinen Haushalt. Und unsere Erkenntnis aus den vergangenen viereinhalb Jahren ist, dass Jahresreden, ganz gleich von welcher Fraktion, im Gemeinderat sowieso keine Beachtung finden, egal ob etwas über den grünen Klee gelobt wird, oder ob Verschwörungen und Geheimabsprachen öffentlich gemacht werden. Zu einer Veränderung im Abstimmverhalten wird es in den nächsten 4 Monaten sowieso nicht mehr kommen. So wird sich Herr Bürgermeister Schuhmacher auch noch in den letzten Monaten der Amtszeit des jetzigen Gemeinderats einer breiten, komfortablen Rückendeckung im Gemeinderat erfreuen, welche ihm Tür und Tor öffnet. Dies ging im vergangenen Jahr so weit, dass die Mehrheit des Gemeinderates sogar darüber hinweg sah, wenn Grenzen überschritten, und gegen Regeln verstoßen wurde.

 

So wurden zum Beispiel beim Rechtsstreit gegen die Familie Reichmann die Kompetenzbeschränkungen unserer Hauptsatzung nach den uns vorliegenden Unterlagen deutlich überschritten, und die Stadt hat einen Prozess vor Gericht geführt, welcher vom Verwaltungsausschuss hätte genehmigt werden müssen. Zudem wurde dieser Rechtsstreit von der Stadt verloren, ein entsprechendes rechtskräftiges Urteil liegt vor. Somit musste die Stadt sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten dieses Rechtsstreits tragen, obwohl diese Ausgaben niemals legitimiert waren. Wir hatten deshalb zusammen mit der Fraktion der Grünen zum einen Akteneinsicht beantragt, und außerdem sollte der für die Kompetenzüberschreitung Verantwortliche die der Stadt entstandenen Kosten ersetzen. Dies wurde jedoch vom Gemeinderat abgelehnt mit dem Hinweis, dass alles erst nach Abschluss des Rechtsstreits aufgerollt und untersucht werden soll. Auf das Aufrollen und Untersuchen dieses abgeschlossenen Rechtsstreits warten wir nun übrigens bereits seit 6 Monaten.

 

Neu ist auch, dass die Sitzungsprotokolle des Spaichinger Gemeinderats nun nicht mehr den Sitzungsverlauf wiedergeben sollen, sondern – so der sinngemäße Wortlaut des Diskussionsbeitrages: „Ins Protokoll kommt das rein, was die Mehrheit des Gemeinderats drin haben will“.

 

Kennt eigentlich jemand von Ihnen den Mietvertrag zwischen der Stadt und dem Eigentümer des Grundstücks Eisenbahnstraße 29 ? Oder weiß zumindest jemand, was darin vereinbart ist ? Wir jedenfalls nicht. Und wir können uns auch an keine Sitzung erinnern, in der über einen Mietvertrag gesprochen wurde. Eigentlich sind wir der Meinung, dass ein Mietvertrag, mit welchem die Stadt möglicherweise Jahrzehnte lange Dauerschuldverhältnisse eingeht, vom Gemeinderat genehmigt werden muss. Sie scheint dies allerdings nicht zu stören. Nun stehen im Haushaltsplanentwurf jährliche Mietaufwendungen von mehr als 140.000 Euro für das Gebäude Eisenbahnstraße 29. Auf welcher Grundlage, und für welchen Zeitraum, wurde im Gemeinderat jedoch bis heute nicht vorgetragen, obwohl das Gebäude nun bereits seit mehr als 3 Monaten bewohnt ist.

 

So könnte man noch viele andere Auswüchse des aktuellen Abstimmungsverhaltens im Gemeinderat ausführen. Aber wie gesagt, es würde keine Änderungen bringen, insofern sparen wir uns weitere Bemerkungen.

 

Lediglich ein anderes Thema müssen wir jedoch noch ansprechen: Nach unserer Beobachtung arbeitet die Stadtverwaltung derzeit personell „auf der letzten Rille“ – vermutlich die Konsequenz der jahrelangen Kündigungswellen. Das zeigt sich dann zwangsläufig daran, dass es immer häufiger zu Terminverzögerungen und Fehlern kommt. So konnte zum Beispiel im Frühjahr während 3 Monaten zwischen März und Juni keine Gemeinderatssitzung abgehalten werden, weil die Vorlagen nicht rechtzeitig fertig wurden, und es konnten im Jahr 2018 keine Haushaltsberatungen stattfinden. Glücklicherweise in die richtige Richtung ging es, als man beim Nachtragshaushalt 2017 von dreieinhalb Millionen mehr Ausgaben und dreieinhalb Millionen weniger Einnahmen ausgegangen ist, wodurch man unverhofft zum Jahresende 2017 insgesamt 7 Mio. mehr Liquidität auf dem Konto hatte als noch 3 Monate zuvor geschätzt. Das alles kann man irgendwo aufgrund der personellen Situation nachvollziehen. Als ein Armutszeugnis empfinden wir es jedoch, wenn der Stadtverwaltung der tragische Tod eines Kollegen nicht einmal ein öffentlicher Nachruf wert ist.

 

Dies alles, und noch viel mehr lässt uns zu dem Schluss kommen, dass die gesamte Verwaltung, angefangen von der Spitze mit einem Bürgermeister, der keine Grenzen und Tabus mehr zu kennen scheint, über den Gemeinderat, der willfährig ohne Bedenken alles duldet und absegnet, was ihm vonseiten der Verwaltung vorgelegt wird, bis hin zu einer ausgedünnten Belegschaft, die nach unserer Beobachtung nur noch mit Mühe und Not ihre Aufgaben wahrnehmen kann, sich aktuell in einer bedauernswerten Lage befindet.

 

Doch es gibt ein Allheilmittel, wodurch sich sämtliche negativen Aspekte nach außen übertünchen lassen, nämlich: Geld. Dies ist zuletzt über Jahre hinweg mehr als üppig auch in Spaichingen geflossen, wodurch viele große Bauprojekte verwirklicht werden konnten, ohne auch nur einen Cent Kreditmittel aufnehmen zu müssen. So freuen wir uns auf eine fast neue Sporthalle, die Sanierung der Primverdolung in der Hauptstraße kann in diesem Jahr abgeschlossen werden, ebenso der Neubau der Kläranlage. Und der Gemeinderat hat kürzlich den Bau eines neuen Lehrschwimmbeckens bei der Schillerschule beschlossen. Alles Projekte, die wir natürlich vollumfänglich unterstützen. Da lässt sich nach außen hin gut verkaufen, dass alles in bester Ordnung sei, und Spaichingen seinen Reichtum vermehrt hat. Und dies trifft ja auch zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht zu.

 

Aber auch hier stellen wir fest, dass dieser Reichtum den Weitblick für das, was Spaichingen wirklich braucht, vernebelt. Vor Kurzem hat der Gemeinderat beschlossen, bereits das nächste Baugebiet auszuweisen, obwohl das alte noch nicht einmal bebaut ist. Diese Entwicklung mit scheinbar ungebremsten Flächenverbrauch können wir nicht unterstützen. Spaichingen kann aufgrund seiner natürlichen Grenzen nicht unendlich wachsen. Das schmale Tal der Prim lässt zwischen Dreifaltigkeits, Zundel- und Staufelberg, sowie den Gemarkungsgrenzen zu Balgheim und Aldingen die noch bebaubaren Flächen jetzt schon rar werden. Und wenn wir daran denken, welcher zusätzliche Flächenverbrauch in den kommenden Jahren noch vorgesehen ist, dann müssen wir deutlich sagen: Dies können und werden wir nicht mehr mittragen.

 

Im Ausblick auf das kommende Jahr steht fest: Es wird demnächst Veränderungen geben, und nach unserer Einschätzung durchaus auch gravierender Art. Einige von uns werden in einem Jahr nicht mehr hier am Tisch sitzen, denn in 4 Monaten werden die Einwohner Spaichingens einen neuen Gemeinderat wählen. Wir haben keine Ahnung, in welche Richtung sich die Verhältnisse ändern werden. Einige werden von den Bürgern gehörige Denkzettel bekommen, vielleicht ja sogar wir selbst.

 

Wir sind jedoch überzeugt davon, dass den Wählern in dieser Amtsperiode so deutlich wie wohl kaum jemals zuvor vor Augen geführt wurde, für welche Politik welche Fraktion, und welcher Gemeinderat steht. Insofern werden wir nach der Wahl sehen, in welche Richtung sich Spaichingen in den nächsten 5 Jahren entwickeln soll.

 

Wir, die Fraktion Pro Spaichingen, bedanken uns für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.